Rezension: „Super, und dir?“
von Kathrin Weßling
★★★★★
„Verzweiflung ist keine Denkaufgabe, die man lösen kann. Egal, wie sehr man sich anstrengt. Es gibt keinen Gedanken, der eine Lösung anbietet, keinen Moment, in dem das Gehirn sagt: Ja, ach so, na ja, da hätte man ja auch gleich drauf kommen können, dann ist ja gut.“ (S.185)
Eckdaten
Verlag: Ullstein (zur Verlagsseite)
Erscheinungsdatum: 02.05.2019
Preise: Taschenbuch 10,00€, E-Book 9,99€, Hörbuch 4,61€
Seitenzahl: ca. 256
ISBN: 9783548060217
Genre: Roman, Erzählung, Coming of Age
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Cover
Ein schönes, ansprechendes Cover, welches die Thematik im Buch gut darstellt. Nämlich die verlorene Protagonistin Marlene. Ohne zu viel zu verraten, spielt genau dieses Bild, was zu sehen ist eine wichtige Rolle in der Geschichte und das mag ich. Es ist nicht zu unruhig oder überladen, der Titel in Szene gesetzt und alles durch ein wichtiges Bild verdeutlicht.
Klappentext
Marlene Beckmann ist 31 Jahre alt und lebt das Leben, das sie sich gewünscht hat. Auf die Frage, wie es ihr geht, antwortet sie meistens: »Super, und dir?« Marlene hat sich äußerlich im Griff. Bis sie ihren ersten richtigen Job als Social Media Managerin in einem multinationalen Unternehmen antritt. Bis sie vor lauter Überstunden kein Privatleben mehr hat. Bis der Druck schließlich zu groß wird …
Mit emotionaler Wucht beschreibt Kathrin Weßling eine gnadenlose Welt, in der Ersetzbarkeit, fehlende Perspektiven und der Zwang zur Selbstoptimierung eine ganze Generation unter Druck setzen.
Erster Satz
„Heute ist mein Geburtstag.“ (s.11)
Meinung
WOW – was ein Buch. Ich war gefesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Es war eine unglaublich, spannende Geschichte, die mich ganz schön (und das mehrmals) geschockt und überrascht hat. Ich hatte mir dieses Buch mal gekauft, weil ich den Titel und Klappentext ansprechend fand und habe mir keine weiteren Rezensionen vorher durchgelesen, weil ich auch so schon überzeugt war. Aber ich kann es kaum in Worte fassen, wie sehr mich dieses Buch überrascht hat.
„Es ist alles so lange einfach, bis es kompiziert wird. So einfach ist das.“ (S. 13)
Abgesehen vom perfekten Schreibstil und einem grandiosen Lektorat, was man beim Lesen echt merkt, nimmt die Autorin kein Blatt vor dem Mund sozusagen, während wir Marlenes Geschichte lesen. Es ist ehrlich, hart und ganz schön dramatisch. Ein Leben was für andere perfekt scheint, sehen wir hier von der ganz anderen Seite, nämlich, dass es das ganz und gar nicht ist. Tiefe Schatten & Probleme werden thematisiert und damit auch ein wichtiges Thema in der heutigen Gesellschaft eingebaut. Denn es ist nicht immer alles toll, sondern oftmals auch nur Schein und genau das, wird hier gut umgesetzt und gezeigt.
„Unter Druck treffen manche Menschen furchbar impulsive Entscheidungen, die sie selbst nicht verstehen und erst recht nicht erklären können.“ (S. 159)
Eine junge Frau, scheinbar mitten im Leben, die es nicht richtig schafft, ehrlich zu ihrem Umfeld zu sein, um Hilfe zu bitten bzw, nicht ernst genommen zu werden. Fehlender Perspektive. Dabei ist ein ganz Besonderes Thema im gesamten Buch gegenwärtig, nämlich: Drogen und Abhängigkeit. Und ich muss sagen, obwohl ich überhaupt kein Freund von Triggerwarnungen bin (weil ich oft denke: Wenn ich mir z.B. ein New Adult oder Dark Romance Buch kaufen würde, weiß ich ja warauf ich mich einlasse) wäre tatsächlich hier eine auf irgendeine Weise wünschenswert gewesen. Denn der Klappentext lässt nur erahnen, welche schwere die Thematik in diesem Buch hat und es gibt einfach ein paar Szenen, die vielleicht ein bisschen gefährlich sein könnten, für den einen oder anderen. Das Buch wird überall auch in den „harmlosen“ Genre Abteilungen geführt, aber ich denke, es wäre gut, wenn irgendwo, irgendwie ein Hinweis wäre.
„Ich denke daran, dass ich mich verlaufen habe, dabei wollte ich eigentlich nur rennen und nicht mehr ständig stolpern. Ich denke daran, dass ich alles erreicht habe, was ich mir je gwünscht habe, doch das ist gelogen, weil ich mir eigentlich niemals wirklich etwas wünsche, außer vielleicht, dass hoffentlich niemals jemand merkt, dass ich Rumpelstilzchen bin.“ (S. 251)
Denn dieses Buch ist keine leichte Kost, kein 0-8-15 Roman, den mal eben liest und der ein bisschen Drama hat. Ich denke, dass Buch soll auch auf Probleme aufmerksam machen, zeigen, dass es nicht immer allen Menschen wirklich so gut geht, wie sie tun und das man hier und da vielleicht mal Hilfe anbieten sollte, wenn man merkt, etwas stimmt nicht.
Zusammenfassend ein wirklich sehr guter Roman, der mich bewegt hat und erschreckenderweise wieder verdeutlicht hat, wie gefährlich es manchmal um Menschen steht. Das es nicht schlimm ist, wenn man Hilfe braucht und das Menschen sich manchmal nicht trauen danach zu fragen, weil sie nicht schwach wirken wollen, in ihrer scheinbar perfekten Welt für andere. Grandioser Schreibstil, sinnvoller Kapitelaufbau und eine Protagonistin, der ich gerne geholfen hätte.
Absolute Leseempfehlung von mir, allerdings eingeschränkt mit Triggerwarnung zu den Themen, Drogen, Abhängikeit, Schwangerschaftsabbruch, Trennungen….