Rezension: „Was man von hier aus sehen kann“
von Mariana Leky
★★★★★
„Wir konnten alles Mögliche mit der Liebe. Wir konnten sie mehr oder weniger gut verstecken, wir konnten sie hinter uns herziehen, wir konnten sie hochheben, durch alle Länder der Welt tragen oder in Blumengebinden verstauen, wir konnten sie in die Erde legen und in den Himmel schicken. All das machte die Liebe mit, langmütig und biegsam, wie sie war, aber verwandeln konnten wir sie nicht.“ (s. 235)
Eckdaten
Verlag: Dumont Verlag (zur Verlagsseite)
Erscheinungsdatum: 18.07.201
Preise: Taschenbuch 12,00€, E-Book 9,99€, Hardcover 20,00€, Hörbuch 9,99€
Seitenzahl: ca. 320
ISBN: 978-3832164577
Genre: Roman/Erzählungen, Comin-of-Age, Familie, Drama
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Cover
Dieses Buch hat mich in erster Linie durch das schöne Cover angesprochen. Es ist schön gestaltet, der Titel in Szene gesetzt und grafisch schlicht, so wie ich es mag.
Außerdem ist es auch perfekt abgestimmt auf den Inhalt der Geschichte.
Klappentext
Von der unbedingten Anwesenheitspflicht im eigenen Leben.
Immer, wenn der alten Selma im Traum ein Okapi erschein, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Wen es treffen wird, ist allerdings unklar. Davon, was die Bewohner in den folgenen Stunden fürchten, was sie blindlings wagen, gestehen oder verschwinden lassen, handelt dieser Roman. Vor allem aber erzählt er von Menschen, die alle auf ihre Weise mit der Liebe ringen: gegen Widerstände, Zeitverschiebungen und Unwägbarkeiten – ohne jemals den Mut zu verlieren.
Erster Satz
„Wenn man etwas gut Beleuchtetes lange anschaut und dann die Augen schließt, sieht man dasselbe vor dem inneren Auge noch mal, als unbewegtes Nachbild, in dem das, was eigentlich hell war, dunkel ist, und das was eigentlich dunkel war, hell erscheint.“ (s.9)
Meinung
Ein Herzensbuch!
Genau dieser Gedanke ging mir während des Lesens und auch danach die ganze Zeit durch den Kopf. Es ist eine absolute Wohlfühl-Geschichte, die wichtige Werte vermittel, emotional und grandios geschrieben ist.
„Ihr müsst dringend mal ein bisschen mehr Welt hereinlassen.“ (s. 30)
Ich habe mir dieses Buch gekauft, weil ich tatsächlich mal wieder einen schönen Roman lesen wollte, der kein Ratgeber ist. Und da habe ich mit diesem Schatz, alles richtig gemacht. Es ist eine perfekte „Coming-of-Age“ Geschichte, die für jeden etwas hat. Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand an diesem Buch etwas auszusetzen hätte. Für mich ist es rundum gelungen und sehr harmonisch zu lesen. Der grandiose Schreibstil von Mariana Leky verdient dabei wohl das meiste Lob. Ich habe noch nie so eine Art von Erzählung gelesen. Es ist komplett anders, als man es sonst kennt und sehr besonders. Vor allem die Art, die Gedankengänge der Protagonistin darzustellen, wirkt sehr realistisch und echt. Manch einer würde vielleicht sagen „Hat da ein Lektorat drüber geschaut?“, denn es ergibt manchmal nicht so den zusammenhängenden Sinn, aber genau das ist es, was die Erzählweise so besonders macht. Denn die Gedanken schweifen mal und das macht die Protagonistin einfach sehr menschlich. Was dabei auch wichtig zu erwähnen ist, ist der besondere Perspektivenstil. Denn dort gibt immer unangekündigte Schwankungen, sodass man wirklich von jedem Charakter die Geschichten erfährt und dies in eine ganz außergewöhnliche Erzählperspektive/Schreibweise verpackt.
„>Lieber auf alten Wegen auf der Stelle treten als auf neuen stolpern, unglücklich fallen und sich mehrere irreparable Wirbelbrüche zuziehen<, sagten die Stimmen.“ (s. 36)
Die Kerngeschichte an sich ist dazu auch wirklich wundervoll. Es vermittel viel von Freundschaft, Familie, Zusammenhalt und auch die negativen Seiten wie Trauer, Verlust, Ängste, Sorgen usw. Und durch den präzisen, wundervollen Schreibstil kommt es ganz anders bei mir an, als in anderen Büchern. Es wirkt so nah, so echt und realistisch. Es wird zu keinem Moment langatmig, sondern bleibt durchgehend spannend und interessant, so dass man immer weiterlesen möchte.
„Wenn wir etwas anschauen, kann es aus unserer Sicht verschwinden, aber wenn wir nicht versuchen, es zu sehen, kann dieses Etwas nicht verschwinden.“ (s. 162)
Die Charakterausarbeitung ist ebenfalls sehr beeindruckend. Hier wurde viel Zeit und Liebe ins Detail investiert, um die die verschiedenen Charaktere sehr tiefgründig darzustellen. Man lernt viele Eigenarten und Macken kennen und somit wird jede Rolle etwas Besonderes. Auch die Charakterentwicklungen/Veränderungen kommen gut und nachvollziehbar durch.
„Ich wollte nicht abbrechen, ich ahnte, dass jemand verloren ist, wenn man die Suche nach ihm unterbricht.“ (s. 130)
Zusammenfassend also eine wirklich grandiose Geschichte, in der meiner Meinung nach alles perfekt ist. Ein außergerwöhnlicher und wunderbarer Schreibstil, wie ich ihn zuvor noch nie gelesen habe. Detaillierte Charaktere und tiefgründige Basis die über das gesamte Buch sinnvoll verteilt ist. Emotionale Wertevermittlung mit großartigen Wendungen und Spannungsmomenten. Und trotzdem einfach eine wunderschöne Herzengeschichte mit der man sich als Leser wohl fühlt.
„Keiner ist alleine, solange er noch wir sagen kann“ (s. 287)
Absolute Leseempfehlung von mir, ein Buch das ich auch verschenken würde, eine Autorin von der ich mir noch viel mehr Bücher erhoffe. Das letzte Mal so begeistert, war ich bei den Strelecky Büchern und das hier ist ebenfalls ganz große Kunst auf hohem literarischen Niveau.